Sara Corning

Sara Corning

Zwischen den angenehm klingenden Distrikten Parkwoods und der reizvollen Aussicht nördlich der Innenstadt von Toronto, gleich am Highway 401, befinden sich die armenische Kirche St. Mary, das armenische Gemeindezentrum und das Sara-Corning-Zentrum für Völkermordaufklärung. Letzteres dient der Forschung und Bildung in Sachen Menschenrechte und Völkermord. Benannt wurde es nach der kanadischen Krankenschwester, die 5000 armenische Waisenkinder vor der Zerstörung Smyrnas rettete. Das war 1922 im Raum Izmir in der heutigen Türkei und ihr größter, aber nicht einziger Triumph der Menschlichkeit.

Sara Corning, so steht es auf ihrem Grabstein, „lebte im Dienst am Nächsten.“

Corning wurde 1872 im Südosten Kanadas geboren, ließ sich in den USA zur Krankenschwester ausbilden und schloss sich im Ersten Weltkrieg dem amerikanischen Roten Kreuz an. Über den Völkermord an den Armeniern und seine Auswirkungen erfuhr sie aus der kanadischen Presse.   
 
1921 kam Corning in die Türkei und übernahm ein Waisenhaus am Fuße des Ararat. Im Jahr darauf stürmten türkische Revolutionstruppen die Hafenstadt Smyrna und trieben die griechischen Einwohner und die armenischen Flüchtlinge vor sich her. Corning trat der Hilfsorganisation Near East Relief bei und wurde nach Konstantinopel an Bord eines amerikanischen Zerstörers mit Kurs auf die belagerte Hafenstadt geschickt.
 
Dort angekommen errichteten sie und zwei Gleichgesinnte ein Lazarett für die Kranken und Verwundeten, das aber gleich von den Türken wieder geschlossen wurde. Auch eine zweite Krankenstation musste unter noch schärferen Androhungen geschlossen werden. „Danach wurde die Stadt geplündert und es begann das Niederbrennen“, schrieb Corning Jahre später. Als Tausende in den Bränden umkamen, organisierten mehrere Hilfsorganisationen, unter anderem auch die Hilfsorganisation Near East Relief eine Evakuierung übers Meer. Corning lief zu einem Waisenhaus, das von einer Amerikanerin geleitet wurde, und fing an, die Kinder einzusammeln, um sie zum Hafen zu bringen. Inmitten der Flammen des Sterbens und des Chaos wurden 5000 Kinder gerettet.
 
Corning begleitete die Kinder nach Griechenland, wo sie ein Waisenhaus gründete. Dort wuchsen die Kinder in Frieden auf und erhielten eine gute Erziehung.   
 
Im Jahr 1923 lud König Georg II. von Griechenland Sara Corning in seinen Palast ein, um sie mit dem höchsten Orden des Landes auszuzeichnen, dem Silbernen Erlöserkreuz. Im folgenden Jahr kehrte sie in die Türkei zurück und arbeitete bis zu ihrem Ruhestand als Lehrerin. Dies zeugt von ihrer kühnen Tatkraft; für Verbitterung oder Vorurteile gab es in ihrem Herzen keinen Platz. Die Jahre bis zu ihrem Tod 1969 verbrachte sie im Haus ihrer Jugend im heimatlichen Kanada. Sie wurde 97. Das bekannteste Foto von Sara Corning zeigt sie als hübsche Frau in einer makellosen Schwesternuniform mit Rüschenhaube. Sie lächelt etwas, doch hinter ihrem Blick voller Mitgefühl lässt sich eine unbiegsame Stärke erkennen. 
 
Bilder mit freundlicher Genehmigung von Armenischem Museum und Institut für Genozidforschung sowie Yarmouth Country Museum, Kanada.  
 
Die Geschichte wurde vom Forschungsteam der Initiative 100 LIVES verifiziert.