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Covid-19 Tagebücher: Humanitäre Helfer an vorderster Front

Covid-19 Tagebücher: Humanitäre Helfer an vorderster Front

Aufgrund des Ausbruchs von COVID-19 finden 2020 die Aurora Dialogues online statt, sodass sich Menschen aus der ganzen Welt an der Diskussion beteiligen und zu ihr beitragen können. Die erste Online-Veranstaltung der Aurora Dialogues 2020 fand am 11. Juni 2020 statt.
 

An der Diskussion mit dem Titel „Covid-19 Tagebücher: Humanitäre Helfer an vorderster Front“ nahmen teil: Comfort Ero, Programmdirektorin der Crisis Group Africa, Andrew Hudson, Exekutivdirektor von Crisis Action, Sebastian Juenemann, Gründer und CEO von CADUS, sowie Sunitha Krishnan, Gründerin von Prajwala und Aurora-Finalistin 2018. Moderiert wurde die Diskussion von Nicola Stanisch, Exekutivdirektorin der Aurora Humanitarian Initiative. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Frage, wie humanitäre Helfer in der gegenwärtigen Situation arbeiten, mit welchen Hindernissen sie und ihre Organisationen zu kämpfen haben und woher sie die Kraft schöpfen, um ihr Engagement weiterzuführen und der Welt zu zeigen, dass gewöhnliche Menschen sehr viel bewirken können. Die Veranstaltung wurde in Zusammenarbeit mit der Diskussionsplattform Futures Studio durchgeführt.

Comfort Ero, Programmdirektorin der Crisis Group Africa und Mitglied der Expertengruppe für den Aurora-Preis, räumte ein, dass es anfangs schwierig war, weiterhin über die Gemeinschaften zu berichten, die in einem Konflikt leben oder von einem Konflikt bedroht sind, betonte jedoch, dass es nicht allzu lange dauerte, bis sich das Team an die auferlegten Einschränkungen angepasst hatte: „Die größte Herausforderung für unsere Organisation bestand darin, dafür zu sorgen, dass wir auch weiterhin die Aufmerksamkeit darauf lenken konnten, was die Auswirkungen dieser globalen Krise im öffentlichen Gesundheitswesen für besonders gefährdete Gemeinschaften bedeuten, die ohnehin schon mit einer Flut anderer Probleme zu kämpfen haben, und zwar vor allem für diejenigen, die in Konfliktgebieten und in Gesellschaften leben, die Repressionen ausgesetzt sind. Es war überaus beruhigend, dass sich die Kolleginnen und Kollegen sehr schnell auf die Situation eingestellt haben, dass sie sehr schnell das Internet nutzten und online arbeiteten und sich in Dialoge wie den heutigen einbrachten und versuchten, die Art und Weise, wie wir unsere Arbeit vor Ort durchführen, zu überdenken, ohne unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Gefahr zu bringen.“

Sebastian Juenemann, Gründer und CEO von CADUS und Mitglied der Expertengruppe für den Aurora-Preis, sprach von den größten Hürden, mit denen sich seine Organisation im Nordosten Syriens konfrontiert sah, und wies auf den Mangel an dringend benötigten Ausrüstungen und Hilfsgütern sowie auf die globale Dimension der gegenwärtigen Krise hin: „Wir betreiben ein Flüchtlingslazarett in einem riesigen Flüchtlingslager, und die größte Herausforderung ist derzeit, dass es an der notwendigen Ausrüstung fehlt. Wir können COVID-19 nur durch verschiedene Symptome diagnostizieren und nicht darauf testen, wir können es nicht mithilfe von Labortests nachweisen. Die internationale Zusammenarbeit funktioniert im Moment nicht wirklich, denn jedes Land hat das gleiche Problem. Normalerweise gibt es bei einer Epidemie einige Länder, die nicht betroffen sind und die ihre Teams entsenden und Unterstützung und Hilfsgüter bereitstellen können, aber gegenwärtig ist das wirklich schwierig. Solche Einschränkungen haben wir noch nie erlebt.“

Sunitha Krishnan, Gründerin von Prajwala und Aurora-Finalistin 2018, berichtete den Zuschauern, wie einige Menschen inmitten der Krise in Indien durch das soziale Netz rutschten und dass ihre Organisation, die normalerweise Opfer von Sexhandel unterstützt, ihre Aktivitäten nach dem verhängten Lockdown vorübergehend ausweiten musste: „Über 15 Millionen Wanderarbeiter gerieten in totale Panik und begannen, in ihre Heimatorte zu fliehen und haben dabei Tausende von Kilometern mit ihren kleinen Babys, schwangeren Frauen und alten Menschen zurückgelegt. Der Exodus der Wanderarbeiter war eine der größten menschlichen Tragödien, die wir tagtäglich auf unseren Straßen sahen. Wir hatten nicht das Privileg, unsere Aktivitäten einstellen zu können, und wir konnten auch nicht die Augen vor dem verschließen, was sich da draußen abspielte. Also haben wir Hilfsmaßnahmen ergriffen und den Menschen auf der Straße etwas zu essen gegeben. Es war eine riesige Herausforderung, die Moral meines Teams aufrechtzuerhalten, denn wir mussten unsere Arbeit machen und auch auf die Straße gehen und dabei riskieren, infiziert zu werden. Wir wurden ja zu Helfern an vorderster Front und sorgten dafür, dass die Menschen rechtzeitig Hilfe bekamen.“

Andrew Hudson, Exekutivdirektor von Crisis Action und Mitglied der Expertengruppe für den Aurora-Preis, betonte, er habe erkannt, wie wichtig es in Zeiten wie diesen sei, Verwundbarkeit zu zeigen und gleichzeitig sicherzustellen, dass die emotionalen Belange des Teams berücksichtigt würden: „Wir haben uns sehr intensiv mit dem Wohlbefinden unseres Teams befasst. Und was ich gelernt habe, ist, dass auch eine solch gute Führung verwundbar zu sein scheint. Denn ich habe Angst, ich lebe in New York City mit drei kleinen Kindern. Führungskräfte sind Menschen und verletzlich und sollten ihren Mitarbeitern gegenüber ehrlich sein.“ Bei der Beantwortung einer Frage im Rahmen der Fragerunde am Ende der Diskussion sagte er auch, dass das Gefühl der Verbundenheit mit anderen auch in Zeiten des Lockdown erreicht werden kann – wenn man es nur richtig angeht. „Bei emotionalen Beziehungen geht es darum, die gleichen Fragen zu stellen – wie geht es dir? Es ist diese einfache Frage. Den Menschen Fragen stellen, ihnen Raum geben. Man kann Menschen nicht physisch berühren, aber man kann sie emotional berühren,“ betonte er.

Nicola Stanisch, Exekutivdirektorin der Aurora Humanitarian Initiative und Moderatorin der Veranstaltung, dankte den Diskussionsteilnehmern für die Beantwortung der Fragen und den regen Erfahrungsaustausch und fasste die Diskussion mit folgenden Worten zusammen: „Wir alle wissen, dass die COVID-19-Pandemie noch nicht vorbei ist. Wir wissen nicht, wie lange das noch andauern wird, und ich finde, dies ist einer der beängstigenden Aspekte. Es ist ein noch nie dagewesenes Ereignis, weshalb wir auch keine Erfahrungen und konkreten Pläne dafür haben. Wir von Aurora wollten mit der heutigen Veranstaltung im Rahmen der Aurora Dialogues einen Erfahrungsaustausch mit Ihnen ermöglichen, Sie sehen und Ihnen zuhören, um zu erfahren, wie es Ihnen gelingt, weiterzumachen und diesen Kampf fortzusetzen. Das ist herzerwärmend, das ist sehr inspirierend, und wir alle zusammen sind stolz auf das, was Sie leisten und wie Sie es leisten.“

Die gesamte Videoaufzeichnung der Diskussion können Sie nachstehend ansehen (auf Englisch).