Außerdem wurde der katholische Arzt und Missionar Dr. Tom Catena als neuer Vorsitzender der Aurora Humanitarian Initiative bekannt gegeben. Catena, der bis heute als einziger permanenter Arzt in den von humanitärer Hilfe abgeschnittenen Nuba-Bergen im Sudan aktiv ist, sprach über seine Erfahrungen und erläuterte, wie immer neue Konflikte zu nachhaltigen Zerwürfnissen in Gesellschaften führen. Er unterstrich mit Verweisen auf seine Erfahrungen im Sudan, wie wichtig ein gegenseitiges Verständnis zwischen humanitären Akteuren und von humanitären Krisen betroffenen Menschen ist.
Im Eröffnungspanel mit dem Titel „A World Under Pressure“ beleuchteten die Diskussions-teilnehmerinnen und -teilnehmer den zunehmenden Druck auf humanitäre Akteure. Cem Özdemir, Mitglied des Deutschen Bundestages, betonte die Bedrohung europäischer Demokratien durch den Aufstieg autoritärer Regime. „Liberale Demokratien sind in Gefahr“, sagte Özdemir. „Leider gibt es immer mehr Länder, die von autoritären Regimen bedroht sind. Was in der Welt geschieht, geschieht nur, weil wir es zugelassen haben. Ebenso können wir aber auch diejenigen sein, die diesem Trend entgegenwirken. Ein Land allein kann keinen Unterschied machen, gemeinsam können die Länder der Europäischen Union dies sehr wohl.“ In seiner Eröffnungsrede betonte Botschafter Wolfgang Ischinger, Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz, dass jeder Staat dafür verantwortlich sei, seine Stimme gegen Ungerechtigkeit zu erheben.
„Wir in der EU und in Deutschland haben ein katastrophales Bild von unserer Unfähigkeit abgegeben, die schlimmste humanitäre Krise seit Jahrzehnten – den Krieg in Syrien – zu bewältigen“, sagte er. „Wir sahen weg. Doch auch durch Wegschauen ist man schuldig. Wenn man einschreiten kann und sich dagegen entscheidet, dann ist man ebenso schuldig.“ Botschafter Ischinger fügte hinzu: „Wir haben erlebt, wie eine Abwertung des Völkerrechts und die damit verbundene Erosion von Vertrauen bereits verheerende Auswirkungen hat. Wir müssen das Völkerrecht auf eine Weise auslegen, die Menschen und nicht Diktatoren schützt." Das Panel betonte ferner, dass die menschliche Sicherheit im Völkerrecht Vorrang haben muss, und dass sich europäische Länder nicht länger vor den Herausforderungen globaler humanitärer Katastrophen verstecken können.
Ruben Vardanyan, Mitbegründer der Aurora Humanitarian Initiative, machte deutlich, dass Gleichgültigkeit die größte Herausforderung in der heutigen Welt ist: „Wir leben in einer Welt, die mehr und mehr polarisiert ist – ein Mangel an gegenseitigem Vertrauen und Misinformation treiben diese Polarisierung weiter voran. In unserer heutigen Gesellschaft ist es zunehmend bedeutend, zusammenzuarbeiten und ein Netzwerk Vertrauter aufzubauen. Persönliche Beziehungen sind hierfür entscheidend und es freut mich sehr, zu sehen, dass die diesjährigen Aurora Dialoge abermals so viele herausragende Vertreter aus dem Feld der humanitären Hilfe zusammengebracht haben, die mit ihrer Arbeit beispielhaft vorangehen.“
Die Aurora Dialoge endeten mit einem „Call to Action” von Dr. Tom Catena, der in seiner finalen Ansprache auf die Mission der Aurora Humanitarian Initiative verwies, auf Basis eigener Erfahrungen aus dem armenischen Genozid jene Helden unserer Zeit darin zu unterstützen, Hilfsbedürftigen humanitäre Hilfe zu gewähren, und so einen internationalen Kreislauf des Gebens in Gang zu bringen. In seinem Aufruf erklärte Dr. Catena: „Die Aurora-Gemeinschaft sollte nachbilden, was das armenische Volk vorgelebt hat: von Empfängern zu Gebern humanitärer Hilfe zu werden. Es liegt an uns, die „humanitäre Lücke“ zu füllen, die in der heutigen humanitären Landschaft existiert.“
Die Aurora Dialoge fanden in Partnerschaft mit der Global Perspectives Initiative (GPI), dem Auswärtigen Amt, der Roland Berger Stiftung, der Robert Bosch Stiftung, EY und UNICEF statt.
Nachfolgend finden Sie die Links zu den Videos der Gesprächsrunden und Diskussionen der Aurora Dialogues Berlin 2018 (auf Englisch):