Solidarität jenseits von Grenzen

Solidarität jenseits von Grenzen

Am 1. März 2018 fanden die ersten Aurora Dialogues in Kooperation mit dem 9/11 Memorial & Museum in New York statt. Die Veranstaltung trug den Titel “Solidarity Beyond Borders: Stepping Up When Others Step Back” und wurde mit den Grußworten von Alice M. Greenwald, Präsidentin und Vorstandsvorsitzende des National September 11 Memorial & Museum, sowie Vartan Gregorian, Mitgründer der Aurora Humanitarian Initiative, eröffnet. Den Impulsvortrag hielt Dr. Philip Zimbardo, Professor an der Stanford University. Die drauffolgende Podiumsdiskussion wurde von David Ignatius, Mitherausgeber der Washington Post, moderiert. Zu seinen Gästen zählten die Aurora-Preisträgerin von 2016, Marguerite Barankitse, Leutnant Bill Keegan, Gründer und Präsident von H.E.A.R.T. 9/11 und John Prendergast, Gründungsdirektor von Enough Project. Der Aurora-Preisträger von 2017, Dr. Tom Catena, wandte sich per Videobotschaft an die Teilnehmer. Die Veranstaltung endete mit einer Rede von Noubar Afeyan, Mitgründer der Aurora Humanitarian Initiative.
Die Diskussionsveranstaltung wurde mit einem Impulsvortrag von David Ignatius eröffnet: „Heute Abend werden wir uns auf das Beste im Menschen konzentrieren, das Beste was Menschen tun können, heldenhaftes Handeln und Opferbereitschaft – beides Eigenschaften, die Menschen dazu bewegen vorwärtsgerichtet zu handeln, etwas zu riskieren, Verantwortung für andere zu übernehmen und sich großzügig zu engagieren. Die Beweggründe dieses selbstlosen Handelns versucht Aurora seit einigen Jahren zu ergründen und mit einem Preis zu ehren.“
 
Alice M. Greenwald betonte die Bedeutung der Partnerschaft zwischen Aurora und dem National September 11 Memorial & Museum, insbesondere bei der Initiierung eines Diskurses zum Thema selbstloses Handeln: “Helden sind Menschen mit hoher empathischer Intelligenz. Wir leben in einer Welt, in der es ein hohes Empathiedefizit gibt, wie Psychologen dieses Phänomen nennen. Wir alle sind erstaunt, wenn wir von Menschen hören, die sich mit außerordentlichem Mitgefühl für Menschen einsetzen, die in Not sind. Ich kann mir keinen besseren Ort als das 9/11 Memorial & Museum für eine Veranstaltung vorstellen, die die individuellen Beweggründe für selbstloses Handeln zu ergründen versucht. ”
 
Der Präsident der Carnegie Corporation of New York, Vartan Gregorian, sprach über die historischen Gegebenheiten, die Armenier wie auch Amerikaner in besonderen Situationen zu herausragendem Handeln bewegten: „Der Grund, warum wir hier in diesem großartigen Denkmal und Museum sind, das als Gedenkstätte zur Erinnerung an diejenigen errichtet wurde, die bei einem sinnlosen Terroranschlag ums Leben gekommen sind, ist unsere Dankbarkeit, Bewunderung und Achtung gegenüber jenen, die gestorben sind, und gegenüber den vielen Menschen, die in dieser schwierigen Situation heldenhaft und selbstlos gehandelt haben.”
 
Der Impulsvortrag der Aurora Dialogues New York 2018 stellte die Ergebnisse eines Forschungsprojekts zum Thema selbstloses und heldenhaftes Handeln von Dr. Philip Zimbardo, Gründer und Präsident des Heroic Imagination Project, vor. Der promovierte Psychologe erklärte wer diese Helden sind und warum die Welt Helden braucht: „Zivilcourage ist der Schlüssel zu selbstlosem Handeln. Helden sind die Kraft des Guten, die sich dem Bösen in all seinen vielfältigen Formen entgegenstellen - sowohl den Tätern als auch der Gleichgültigkeit und dem Desinteresse der Öffentlichkeit. Wahre Helden stellen sich ganz in den Dienst an den Menschen.”
 
Während der Podiumsdiskussion bat David Ignatius die Podiumsgäste, von ihren persönlichen Erfahrungen mit heldenhaft handelnden Personen zu berichten. Marguerite Barankitse, Gründerin von Maison Shalom, berichtete über ihre Erfahrungen und Leiden während des Bürgerkriegs zwischen Tutsi und Hutu in Burundi und sagte, dass Solidarität der Schlüssel zum Überleben aber auch nachhaltiger Entwicklung sei. „Ich konnte mich selbst nie zurücknehmen, wenn Gräueltaten verübt wurden, weil ich davon überzeugt bin, dass wir, indem wir anderen Zuneigung schenken, am stärksten sind. In unseren Herzen ist genug Kraft, genug Liebe, genug Mitgefühl, um etwas zu verändern.“
 
Leutnant Bill Keegan, ein ehemaliger Mitarbeiter der New Yorker Polizeibehörde, der vom 11. September 2001 bis zum Ende der Rettungsaktion Kommandeur des Rettungs- und Bergungsteam am Ground Zero des World Trade Center war, sagte: „Wenn wir keine Lehren daraus ziehen, was mit uns passiert ist, wie wir es geschafft haben den Schmerz zu überwinden, und wenn wir uns nicht intensiv damit auseinandersetzen, dann nutzen uns diese hart erlernten Lektionen nichts. Wir müssen diese Erfahrungen mit anderen teilen. Nur so können wir diesem Irrsinn, der sich ereignet hat, etwas Positives abringen. Auf diesem Wege bringen wir die Menschheit voran.”
 
John Prendergast schloss die Diskussionsrunde mit seinen Gedanken darüber, wie Menschen in schwierigen Zeiten entschlossen handeln können und sollten, um anderen zu helfen: „Der Schlüssel zum Wandel liegt darin, Menschen zu ermutigen sich in Organisationen zu engagieren, die sich mit den Themen beschäftigen, die uns am Herzen liegen. Um etwas zu erreichen, muss man einer der Organisationen beitreten, die eine Bewegung aufbaut, sich zum Beispiel gegen Umweltverschmutzung, Menschenrechtsverletzungen oder andere komplexe Probleme stark macht. Mittel und Wege zu finden, um Menschen zu ermutigen von der Couch aufzustehen und sich für soziale Belange einzusetzen ist fundamental.“
 
Dr. Tom Catena, der einzige Chirurg in dem im sudanesischen Nuba-Gebirge liegenden Mother of Mercy Hospital, sendete eine Videobotschaft an die Diskussionsteilnehmer. Er sagte: „Ich denke, das Wort Held ist etwas, das wir, die sich engagieren, nicht gerne hören. Wir wollen nicht als Held bezeichnet werden. So betitelt zu werden ist uns unangenehm. Es erweckt das Gefühl, dass wir immer etwas Heldenhaftes tun müssen. Ich denke, das ist nicht die wahre Essenz des heldenhaften Handelns. Die Prämisse eines Helden beginnt mit der Annahme, dass alle Menschen gleich viel wert sind.”
 
Die Aurora Dialogues in New York schlossen mit den Worten von Noubar Afeyans, Senior Managing Partner und Vorstandsvorsitzender von Flagship Pioneering. Er dankte den Teilnehmern und dem National September 11 Memorial & Museum für die Ausrichtung der Veranstaltung: „Irgendwann haben wir erkannt, dass die Erfahrungen des armenischen Volkes, der Erfahrung anderer Menschen in Kriegen, Völkermorden, Katastrophen und im Angesicht des Todes, gleichen. Es gibt einen gemeinsamen roten Faden und das ist der Moment in dem man eine zweite Chance im Leben bekommt - was tut man dann? Die Familien der Überlebenden leben mit diesen Geschichten, das Erlebte verschwindet nicht einfach. Der einzige Weg, mit diesen schrecklichen Erfahrungen umzugehen, ist sie zur Quelle des Guten zu machen.“
 
Die nächsten Aurora Dialogues finden im April 2018 in Moskau statt.  Die traditionellen Aurora Dialogues Jerewan werden im Juni 2018 ausgerichtet.