10. Mai 2018, London – Laut den aktuellen Ergebnissen des dritten jährlichen Aurora Humanitarian Indexes stellt sich für mehr als die Hälfte (52 %) der Befragten die Kriegsgefahr als die dringendste globale humanitäre Herausforderung für die Menschheit dar. Im Jahr 2017 waren dies nur 41 %. Der Terrorismus ist mit 58 % nach wie vor die größte humanitäre Besorgnis der Menschen, wenngleich der Wert gegenüber dem Vorjahr um 5 % gesunken ist.
In einer Zeit, geprägt von Ungewissheit und Angst, erleben viele Menschen eine für sie schwer erfassbare Krisenhäufung. 61 % der Befragten gaben an, dass es ihnen bei einer so hohen Anzahl humanitärer Krisen unmöglich erscheint, mit deren Bewältigung Schritt halten zu können.
Die Ergebnisse der jährlichen öffentlichen Meinungsumfrage mit fast 11.000 Teilnehmern aus 12 Ländern zeigen auch, dass die Menschen nach wie vor mit ihrer Einschätzung falsch liegen, welche Länder am meisten von den Flüchtlingsströmen betroffen sind, und davon überzeugt sind, dass die Industrieländer die meisten Flüchtlinge aufnehmen. Die Tatsache, dass die überwiegende Mehrheit der Vertriebenen von Entwicklungsländern und nicht von westlichen Industrieländern aufgenommen wird, ist 97 % der Befragten entweder unbekannt oder wird von ihnen unterschätzt.
Aber auch die Struktur der Flüchtlingspopulation wird falsch wahrgenommen. Die meisten Menschen sind der Meinung, dass nur ein Drittel (32 %) aller Flüchtlinge unter 18 Jahre alt sind. In Wirklichkeit machen Kinder 51 % der gesamten weltweiten Flüchtlingspopulation aus. Eine besonders auffällige Erkenntnis in diesem Jahr ist, dass nur etwas mehr als ein Drittel (36 %) der Befragten den Schutz von Kindern und nur ein Viertel (24 %) der Befragten den Schutz von Frauen als dringende humanitäre Probleme betrachten.
In vielen Ländern herrscht die Auffassung, dass Flüchtlinge eine Bedrohung für die Kultur des Ziellandes darstellen. Diese Thematik aus dem Vorjahr ist auch in diesem Jahr präsent. Insgesamt erkennen die Menschen nicht den wahren Wert, den Flüchtlinge für ihr Land und ihre Wirtschaft bedeuten können.
Als Lichtblick im Index 2018 darf der Vertrauenszuwachs in Regierungschefs im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise gewertet werden. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Zustimmungswerte für Angela Merkel um 13 Prozentpunkte auf 46 %, für Donald Trump um 10 Prozentpunkte auf 40 %, für Vladimir Putin um 11 Prozentpunkte auf 35 % und für den UN-Generalsekretär Antonio Guterres um 9 Prozentpunkte auf 31 %. Auch Führungspersönlichkeiten aus der Wirtschaft wie Bill Gates (41 %) und Mark Zuckerberg (35 %) wird zugetraut, Lösungen für die Flüchtlingskrise zu finden.
Ruben Vardanyan, Mitbegründer der Aurora Humanitarian Initiative, sagt hierzu: „Es ist bedenklich, dass der Humanitarian Index zum dritten Mal eine derartige Diskrepanz gegenüber den Realitäten der globalen Flüchtlingskrise offenbart. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Menschen über die Art und das Ausmaß des Problems informiert bleiben, da sonst Gleichgültigkeit und Selbstgefälligkeit Maßnahmen im Interesse der Schwächsten auf der Welt verhindern.“
Erfreulicherweise sind 65 % der Befragten der Meinung, dass sich ohne die Bemühungen von NGOs viele der humanitären Herausforderungen auf der Welt noch deutlich schlimmer darstellen würden. Nach Meinung der Befragten sind internationale NGOs am besten dafür geeignet, um auf Probleme aufmerksam zu machen und die Unterstützung von Regierungen einzufordern, während die Stärke von lokalen und basisdemokratischen NGOs darin liegt, Unterstützung vor Ort zu organisieren.
„Die Untersuchung untermauert die strategische Ausrichtung des Aurora-Preises, deren Ziel es ist, auf die humanitären Helfer vor Ort aufmerksam zu machen, die unter großer Gefahr den Bedürftigsten und Ärmsten helfen, und diesen Helfern Unterstützung zukommen zu lassen“, sagt Noubar Afeyan, Mitbegründer der Aurora Humanitarian Initiative. „Die Grundidee des Preises zielt darauf ab, die Aktivitäten der humanitären Helfer durch Anerkennung zu fördern und zu unterstützen und einen Kreislauf des Gebens im Sinne des Konzepts der gelebten Dankbarkeit zu schaffen.“
Der Aurora Humanitarian Index 2018 wurde von der Aurora Humanitarian Initiative in Auftrag gegeben, einer gemeinnützigen Organisation, die sich für den Aufbau einer globalen humanitären Bewegung einsetzt, um die Helfer und Retter von heute zu unterstützen. Die wichtigsten Ergebnisse des Indexes sind wie folgt:
- Der Terrorismus ist nach wie vor die dringendste humanitäre Herausforderung für die Menschheit:
- Für 58 % der Befragten stellt derzeit der Terrorismus die dringendste globale humanitäre Herausforderung für die Menschheit dar. Im Jahr 2017 waren dies 63 %.
- Für 52 % der Befragten stellt die Kriegsgefahr die dringendste globale humanitäre Herausforderung für die Menschheit dar. Im Jahr 2017 waren dies 41 %.
- Die Einstufung der erzwungenen oder unfreiwilligen Migration als dringende humanitäre Herausforderung ist in diesem Jahr um 8 Prozentpunkte auf 34 % gesunken.
- Nur 36 % der Befragten betrachten derzeit den Schutz von Kindern und nur 24 % der Befragten den Schutz von Frauen als die dringendste globale humanitäre Herausforderungen.
- Zur Flüchtlingskrise herrschen immer noch falsche Vorstellungen:
- Folgende Länder wurden von den Befragten genannt, die ihrer Meinung nach in den letzten zehn Jahren die meisten Flüchtlinge aufgenommen haben: Deutschland (54 %), Frankreich (30 %), Türkei (24 %), USA (21 %), Italien (21 %), Großbritannien (15 %), Griechenland (13 %), Kanada (11 %), Spanien (10 %) und Russland (9 %).
- Nach Angaben des UNHCR haben im Jahr 2017 folgende Länder die größte Zahl von Flüchtlingen aufgenommen: Türkei (2,9 Mio.), Pakistan (1,4 Mio.), Libanon (1 Mio.), Iran (980 Tsd.), Uganda (940 Tsd.), Äthiopien (791 Tsd.), Jordanien (685 Tsd.), Deutschland (669 Tsd.), DR Kongo (452 Tsd.) und Kenia (451 Tsd.).
- Die Tatsache, dass der Großteil der Vertriebenen (84 % laut UNHCR) von Entwicklungsländern aufgenommen wird, ist 97 % der Befragten entweder unbekannt oder wird von ihnen unterschätzt.
- Die Menschen sind der Meinung, dass 32 % aller Flüchtlinge unter 18 Jahre alt sind. In Wirklichkeit machen laut UNHCR Kinder 51 % der gesamten Flüchtlingspopulation aus.
- Menschen erleben eine gefühlte „Krisenhäufung“:
- 61 % der Befragten gaben an, dass es ihnen bei einer so hohen Anzahl humanitärer Krisen unmöglich erscheint, mit deren Bewältigung Schritt halten zu können.
- 54 % der Befragten haben das Gefühl, dass sie immer die gleichen Geschichten über die globale Flüchtlingskrise hören.
- Daher sind lang andauernde Krisen am bekanntesten. Während 79 % der Befragten über den Bürgerkrieg in Syrien Bescheid wussten, war 40 % der Befragten die Verfolgung der Rohingya in Myanmar nicht bekannt.
- Die öffentliche Meinung ist geteilt, wenn es um die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen geht:
- 48 % der Befragten sind der Meinung, dass man Flüchtlinge noch stärker als bisher unterstützen müsste.
- Allerdings finden 47 % der Befragten, dass ihr Land bereits zu viele Flüchtlinge aufgenommen hat. Und 35 % der Befragten fühlen sich schlecht dabei, dass ihr Land nicht mehr für die Hilfe von Flüchtlingen unternimmt.
- Nur 30 % der Befragten sind der Meinung, dass ihr Land durch den Zuzug von Menschen aus anderen Ländern zu einem lebenswerteren Ort wird. Und 41 % der Befragten befürchten, dass die Kultur ihres Landes durch ethnische Minderheiten bedroht wird.
- Nur 40 % der Befragten glauben, dass Flüchtlinge neue unternehmerische und wirtschaftliche Fähigkeiten in die Wirtschaft und die Gesellschaft einbringen.
- Daher neigen die Befragten tendenziell zur Auffassung, dass sich Migranten nicht dauerhaft in ihren Ländern niederlassen sollten, sondern in ihr ursprüngliches Heimatland zurückkehren müssten. (76 % der Befragten waren der Meinung, dass Flüchtlinge darin unterstützt werden sollten, nach Beendigung der Konflikte in ihrem Heimatland dorthin wieder zurückzukehren.)
- Vertrauenszuwachs in Regierungschefs im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise:
- Die internationale Gemeinschaft wird als am besten geeignet angesehen, um zur Bewältigung der globalen Flüchtlingskrise beizutragen. 79 % der Befragten gaben an, in der Lage zu sein, finanzielle Mittel zur Bewältigung der Krise bereitzustellen.
- Jedoch trauen nur 50 % der Befragten der internationalen Gemeinschaft zu, geeignete humanitäre Hilfe im angemessenen Rahmen zur Bewältigung der globalen Flüchtlingskrise zu leisten.
- In Bezug auf die Kompetenz zur globalen Bewältigung der Flüchtlingskrise konnten die Vertreter internationaler Organisationen wieder Boden gutmachen. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Zustimmungswerte für Angela Merkel um 13 Prozentpunkte auf 46 %, für Donald Trump um 10 Prozentpunkte auf 40 %, für Vladimir Putin um 11 Prozentpunkte auf 35 % und für den UN-Generalsekretär Antonio Guterres um 9 Prozentpunkte auf 31 %.
- 66 % der Befragten erachten multinationale Unternehmen/Konzerne als geeignet, humanitäre Hilfe für die globale Flüchtlingskrise zu leisten, wobei Bill Gates (41 %) und Mark Zuckerberg (35 %) als Führungspersönlichkeiten aus der Wirtschaft am ehesten zugetraut wird, Lösungen für die Flüchtlingskrise zu finden.
- NGOs werden als Moderatoren der globalen Zusammenarbeit gesehen:
- 65 % der Befragten sind der Meinung, dass sich ohne die Bemühungen von NGOs viele der humanitären Herausforderungen auf der Welt noch deutlich schlimmer darstellen würden.
- 52 % der Befragten finden, dass internationale NGOs einen wirksamen Einfluss auf die internationale Gemeinschaft haben (im Vergleich zu 15 % gegenüber lokalen NGOs).
- 40 % der Befragten sind der Meinung, dass sich lokale NGOs effektiver vor Ort für Flüchtlinge einsetzen können (im Vergleich zu 25 % gegenüber internationalen NGOs).
- 76 % der Befragten stimmen darin überein, dass NGOs mit den Menschen vor Ort zusammenarbeiten müssen, um etwas bewirken zu können.