Eröffnungsworte
Joachim Rogall, Präsident und Vorstandsvorsitzender der Robert Bosch Stiftung, dankte den Organisatoren und Partnern der Aurora Dialogues Berlin, insbesondere der Aurora Humanitarian Initiative, der Global Perspectives Initiative und der Stiftung Mercator, und reflektierte über die Hauptthemen der Konferenz. “Die Themen passen perfekt zu den Schwerpunkten unserer Stiftung”, sagte Rogall.
Ihm folgte Ruben Vardanyan, Mitgründer der Aurora Humanitarian Initiative, der die Wahl Berlins als Austragungsort erklärte. “Dieses europäische Land hat während der Flüchtlingskrise viel Verantwortung auf sich genommen”, bemerkte Vardanyan.
Norbert Lammert, Bundestagspräsident a.D., hielt die Keynote „Migrationskrise: Eine globale Verantwortung“ in der er betonte, wie kompliziert das Thema sei. “Was kann eine Rede im Hinblick auf die Komplexität dieses Problems bewirken?”, fragte Lammert. “Bestenfalls kann sie die Bedeutung des Themas hervorheben.”
Globale Herausforderungen der Migration
Matthias Lücke, Senior Researcher und Vorstandsmitglied des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), hielt vor der ersten Diskussionsrunde einen Vortrag zu Migrationstrends und Antriebskräfte. “Flüchtlinge sind eine sehr innovative Gruppe, weil sie vieles überlebt und viele Herausforderungen gemeistert haben, sie können wirklich unternehmerisch denken”, sagte er.
Geert Cappelaere, Regionaldirektor für den Nahen Osten und Nordafrika bei UNICEF, sagte, dass es entscheidend sei, die jüngeren Generationen anzusprechen. “Für uns ist es klar, dass man dort in Kinder investieren muss, wo sie sich heute befinden. Das geschieht nicht ausreichend”, gab er zu.
Mary Robinson, ehemalige UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Ehrenpräsidentin von Oxfam International und Mitglied des Aurora-Preis-Auswahlkomitees, richtete die Aufmerksamkeit auf einen weiteren Aspekt der Migrationskrise. “In der aktuellen Diskussion wird geschätzt, dass bis 2050 bis zu 200 Millionen Menschen aufgrund des Klimawandels umgesiedelt werden müssen”, erklärte sie.
Wie Einstellungen die Integration von Flüchtlingen in den Aufnahmeländern beeinflussen
Die folgende Diskussion wurde mit der Präsentation des Aurora Humanitarian Index 2017 durch Dirk Jacobs, Professor für Soziologie an der Université Libre de Bruxelles, eröffnet. Professor Jacobs führte das Publikum durch die Ergebnisse, um den Teilnehmern den Kontext für die darauffolgende Debatte zu geben.
Andreas Görgen, Generaldirektor für Kultur und Kommunikation im Auswärtigen Amt, ermutigte das Publikum dazu, nach den wahren Gründen für die Sorgen der Menschen und für Fremdenfeindlichkeit zu suchen. “Die Menschen, die Ängste bezüglich der neu ankommenden Migranten haben, fühlen sich meistens von der eigenen Gesellschaft allein gelassen”, beklagte er.
Gianni D’Amato, Mitglied im Sachverständigenrat der Deutschen Stiftungen für Integration und Migration, ging auf die Frage der Verantwortung ein. “Wir alle, alle Akteure müssen wirklich etwas tun, um in die gewünschte Richtung gehen zu können”, sagte er.
Lori Wilkinson, Professorin und Direktorin von Immigration Research West sowie Chefredakteurin des Journal of International Migration and Integration, reflektierte über die Belastung für Beamte in Behörden. “Man muss sich an die Regierungslinie halten. Man ist eingeschränkt”, erklärte sie.
Rita Süssmuth, Bundestagspräsidentin a.D., hob hervor, dass es entscheidend darauf ankomme, Migranten schnell eine Möglichkeit zu Arbeiten zu geben. “Es ist sehr wichtig, ihnen früh ein Gefühl der Zugehörigkeit zu vermitteln”, bekräftigte sie.
Ein Marshallplan mit Afrika: Entwicklungshilfe und Investitionen
Der erste Teil der Diskussionsrunde Looking for Solutions on Site wurde vom Auslandsjournalisten Nik Gowing moderiert, während die Keynote-Rede von Günter Nooke, dem Persönlichen Afrikabeauftragten der Bundeskanzlerin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, gehalten wurde. Nooke teilte hierbei seine Gedanken zu den Veränderungen in der globalen Entwicklungszusammenarbeit mit dem Publikum.
Franz Fischler, Präsident des European Forum Alpbach, warnte die Teilnehmer davor, sich von einem gutgemeinten Bedürfnis nach einer proaktiven Rolle bei Entwicklungsprogrammen anstecken zu lassen. “Wir sollten Afrika nicht beibringen, wie es sich zu entwickeln hat”, erklärte er.
John Prendergast, Gründungsdirektor von Enough Project, ergänzte: “Die Anreizstrukturen für Regierungen begünstigen in Afrika in vielen Fällen Massenabwanderung, Korruption und oft auch schreckliche Gewalt.”
Leymah Gbowee, Nobelpreisträgerin und liberianische Friedensaktivistin, Frauenrechtlerin und Mitglied des Aurora-Preis-Auswahlkomitees, betonte die Bedeutung des Bottom-up-Ansatzes für nachhaltige Entwicklung. “Wenn es von außen kommt, glaube ich nicht, dass es funktionieren wird”, sagte sie.
Bernard Kouchner, Mitgründer von Ärzte Ohne Grenzen (Médecins Sans Frontières) und Mitglied des Aurora-Preis-Auswahlkomitees, sagte: “Wir müssen Afrika helfen und Afrika muss uns helfen.”
Hina Jilani, ehemalige UN-Sonderbeauftragte des Generalsekretärs für Menschenrechtsverteidiger und Mitglied des Aurora-Preis-Auswahlkomitees, lenkte die Aufmerksamkeit auf die Menschen, die von umgesetzten Entwicklungsplänen tatsächlich profitieren sollten. “Wenn es Entwicklungshilfepläne geben soll, müssen diese in die Bestrebungen der Menschen investieren”, betonte sie.
Private Entwicklungsinitiativen
Die Keynote des zweiten Teils der Diskussionsrunde Looking for Solutions on Site wurde von Pierre Gurdjian, Philanthropy Partner der RVVZ Foundation, gehalten. Er betonte, dass die Ziele der nachhaltigen Entwicklung von großer Bedeutung für die Welt seien. “Sie legitimieren eine bestimmte Art und Weise, die Welt zu betrachten – eine multilaterale, komplexe, ganzheitliche und systemische Sicht”, erklärte er.
Robert Jung, Leiter des Berliner Büros für Digitale Strategie und Transformation bei EY und Gründer der Flüchtlingsförderinitiative von EY, stellte die Frage nach der Erfolgsmessung bei der Planung und Durchführung von Projekten mit Flüchtlingen.
Anja Langenbucher, Direktorin Europa der Bill & Melinda Gates Foundation, hob die Vorteile neuer Technologien hervor. “Man sollte über die positiven Dinge nachdenken, die wir mit der Digitalisierung tun können”, sagte sie.
Jens Waltermann, Vorstandsvorsitzender der United World Colleges (UWC) International, brachte seine Verwunderung über die Fehleinschätzungen mancher Menschen zum Ausdruck. “[Einige Menschen denken, dass] ihre eigene Identität leidet, wenn sie mit Menschen mit einer anderen Identität in Berührung kommen”, erklärte er.
Die Zukunft gestalten: Dankbarkeit in Aktion
Die letzte Diskussionsrunde befasste sich mit den zentralen Ergebnissen der Konferenz. Moderator Nik Gowing lud die Teilnehmer dazu ein, “darüber nachzudenken, was wir erreicht haben, was wir hätten erreichen sollen und was wir nicht erreicht haben.”
“Es gab viele Monologe, aber nicht viel Dialog”, betonte Ruben Vardanyan.
Christof Bosch, Vorsitzender des Kuratoriums der Robert Bosch Stiftung, warnte die Teilnehmer davor, nach Erfolgen in den falschen Bereichen zu streben. “Das erfolgreich Erreichte ist dort, wo die Flüchtlinge sind”, erklärte er.
Winfried Kneip, Geschäftsführer der Stiftung Mercator, lenkte die Aufmerksamkeit auf die bloße Größe der anzugehenden Aufgabe. “Diese Koalition, die wir hier bereits gebildet haben, reicht bei weitem nicht aus, um das zu erreichen, was wir erreichen müssen”, sagte er.
Ingrid Hamm, Gründerin und Geschäftsführerin der Global Perspectives Initiative, zeigte sich recht optimistisch, was die Wirkung des Einzelnen angeht. “Wenn jemand eine Idee hat und sich zu dieser Idee bekennt, dann geschieht am Ende etwas, das eine ganze Region beeinflusst. Das habe ich heute gelernt", stellte sie fest.