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Ergebnisse der Aurora Dialogues Berlin

Ergebnisse der Aurora Dialogues Berlin

• Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft diskutierten mit renommierten Experten und humanitären Hilfsorganisationen Lösungsansätze für die Herausforderung der globalen Migration

• Politische Dimension globaler Migration weiterhin unterschätzt – weltweit 700 Millionen Menschen würden abwandern, wenn sie die Möglichkeit hätten

• Öffentliche Debatte um Migration und Integration von Missverständnissen und einseitigen Wahrnehmungen geprägt

• Forderung nach neuem Narrativ sowie Einwanderungsgesetz

Unter dem Titel „Millions on The Move: Need for Development and Integration“ fanden die hochrangig besetzten Aurora Dialogues am 4. und 5. Dezember erstmals in Berlin statt. Ziel der Veranstaltung war es, Ansätze zu entwickeln, wie Deutschland und die europäische Staatengemeinschaft Antworten auf die drängendsten Migrations- und Flüchtlingsfragen finden und welchen Beitrag Entwicklung und Integration hierzu leisten können.

Die Konferenz fand in der Hauptstadtrepräsentanz der Robert Bosch Stiftung statt und wurde von der Aurora Humanitarian Initiative, der Global Perspectives Initiative, der Robert Bosch Stiftung und mit Unterstützung der Stiftung Mercator ausgerichtet. Berlin als Austragungsort der Aurora Dialogues war eine bewusste Entscheidung der Gründer angesichts der Bedeutung des Themas für Deutschland und Europa.

Politische Dimension globaler Migration unterschätzt

Die Konferenz unterstrich das Ausmaß globaler Migration. Während sich derzeit 65 Millionen Menschen auf der Flucht befänden, würden weltweit 700 Millionen eine Abwanderung in Betracht ziehen, wenn sie die Möglichkeit dazu hätten. Es gäbe zudem Personengruppen, die in der öffentlichen Debatte zu dem Thema eine kleine bis gar keine Rolle spielen, wie zum Beispiel Binnenvertriebene (IDPs) oder die 200 Millionen Menschen, die bis 2050 wegen klimabedingter Ereignisse von Vertreibung betroffen sein werden.

Missverständnisse und falsche Wahrnehmungen prägen öffentliche Debatte

„Über Migration zu sprechen bedeutet häufig, über Missverständnisse zu sprechen“, sagte Norbert Lammert, Bundestagspräsident a.D., in seiner Rede. Die öffentliche Debatte basiere auf falschen Wahrnehmungen. Dies wurde auch in der Präsentation des Aurora Humanitarian Index 2017 deutlich, einer weltweit durchgeführten Meinungsumfrage unter 6.500 Menschen aus 12 Ländern. Die Studie untersucht Einstellungen und Trends in Bezug auf humanitäre Fragen. Gemäß den Ergebnissen glauben die meisten Menschen, ihr Land habe mehr für Flüchtlinge getan, als es tatsächlich der Fall war. Die Ergebnisse zeigten zudem, dass Menschen weltweit vermehrt skeptisch gegenüber der individuellen oder kollektiven Fähigkeit sind, etwas zu bewegen. Nur neun Prozent der Befragten glauben, dass ihre Taten bei der Lösung der globalen Flüchtlingskrise einen Unterschied machen könnten. Die jüngere Generation sei jedoch positiver eingestellt, insbesondere was den Beitrag von Migranten für die Gesellschaft angehe.

Die beschriebene Entwicklung führte vermehrt zu Forderungen nach einem neuen gesellschaftlichen Narrativ über Migration, Flucht, Integration und Religion. Sie sei nicht ausgewogen und würde nicht immer ein wahrheitsgetreues Bild zeichnen. Mary Robinson, ehemalige UN-Hochkommissarin für Menschenrechte und ehemalige Staatspräsidentin Irlands sagte: „Geschichten sind wichtig, aber leider hören wir zu wenige über die Menschen. Das, was mit Menschen während ihrer Flucht geschieht, ist wichtig.“ Oft wäre das medial gezeichnete Bild zu einseitig und negativ geprägt. Politisches Framing würde die Debatte mitbestimmen und den Deutungsrahmen verzerren. All dies hätte direkte Auswirkungen auf den Erfolg von Integration, schlussfolgerten die Teilnehmer. „Es muss uns gelingen, die Kluft zwischen dem emotional Gefühlten und den tatsächlichen Fakten zu überbrücken“, sagte Rita Süssmuth, Bundestagspräsidentin a.D.

Forderung nach klaren Zuwanderungsregeln und gemeinsamem europäischen Ansatz

Die Konferenzteilnehmer sprachen sich zudem für eine klare Steuerung der Migration und der Integration als Grundvoraussetzung für den Erfolg aus. Rita Süssmuth kommentierte: „Eine bessere Steuerung der Migration ist der Schlüssel zur Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit. Ein formelles Zuwanderungsgesetz fehlt in Deutschland – es würde für mehr Klarheit und einen erleichterten, abgestimmten Prozess sorgen.“

Die Teilnehmer kritisierten zudem die unzureichende Zusammenarbeit auf gesamteuropäischer Ebene bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise. Es fehle ein abgestimmter Prozess. Stattdessen würde sich eine beachtliche Anzahl europäischer Länder der Realitätsverweigerung hingeben.

Es ginge nicht um Aufnahmekapazitäten, sagte Lammert. Es fehle an einer gemeinsamen Verpflichtung, einem gemeinsamen Bekenntnis, das Problem zu lösen. „Wenn es ein Land gibt, in dem es ein Bewusstsein dafür gibt, dass Migration nicht durch Mauern aufgehalten werden kann, dann ist es Deutschland. Migration ist kein Notstand, sondern im historischen Zusammenhang die Norm unserer Geschichte - mit Problemen und Chancen“, so Lammert.

Stärkere Zusammenarbeit von privaten Initiativen und öffentlichen Institutionen notwendig

Bei den Dialogues wurde hervorgehoben, dass private und öffentliche Initiativen stärker zusammenarbeiten müssten. Der Privatsektor könne als Wachstumsbeschleuniger und Katalysator agieren, während öffentliche Initiativen Projekte in größeren Dimensionen umsetzen könnten. Anja Langenbucher, Direktorin des Europa-Büros der Gates Stiftung, hob auch die Bedeutung privater Initiativen im Entwicklungsbereich hervor: „Private Initiativen wirken als Katalysatoren. Gleichzeitig mindern wir Risiken für Investoren und haben klare quantitative Ziele. Das ist ein Vorteil gegenüber öffentlichen Investitionen.“

Im Geist des Aurora-Preises zur Förderung von humanitärem Engagement bieten die Aurora Dialogues Experten und engagierten Persönlichkeiten, die nach Lösungen für die globalen Herausforderungen unserer Zeit streben, eine Plattform. Im nunmehr dritten Veranstaltungsjahr ermöglichen die Dialogues den interkulturellen und interdisziplinären Austausch. Sie folgen dabei dem Leitgedanken, dass wir aus der Vergangenheit lernen sollten, um in der Gegenwart die richtigen Entscheidungen zu treffen und die Weichen für eine bessere Zukunft gemeinsam zu stellen.

Die Aurora Dialogues waren hochkarätig besetzt. Neben Bundespräsident a.D. Norbert Lammert gehörten der Theologe Prof. Dr. Wolfang Huber, die ehemalige Staatspräsidentin Irlands und UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Mary Robinson, Geert Cappelaere, UNICEF-Regionaldirektor für den Mittleren Osten und Nordafrika, Günter Nooke, Afrikabeauftragter der Bundesregierung, Christof Bosch, Vorsitzender der Robert Bosch Stiftung, die Nobelpreisträgerin Laymah Gbowee und viele mehr zu den Rednern und Diskutanten.

Mehr Informationen über das Programm, die Sprecher und die Organisatoren der diesjährigen Aurora Dialogues finden Sie hier.

Bitte sehen Sie sich hier die Videozusammenfassung zu den Aurora Dialogues Berlin an (in Englisch).